Lernpraktik: Exzerpieren wissenschaftlicher Texte
April 3, 2025
Das Exzerpieren ist eine bewährte Methode, um beim Lesen wissenschaftlicher Literatur zentrale Aussagen festzuhalten und das Verständnis für komplexe Texte zu vertiefen. Dabei werden wichtige Textstellen entweder wortwörtlich zitiert oder in eigenen Worten zusammengefasst. Ein gut erstelltes Exzerpt spart Zeit beim Wiederholen, hilft bei der systematischen Aufbereitung von Literatur und bildet die Grundlage für wissenschaftliches Arbeiten.
Was bedeutet „Exzerpieren“?
Exzerpieren heißt, einen Text auszugsweise zu dokumentieren, indem man wichtige Stellen schriftlich festhält. Das kann auf zwei Arten erfolgen:
- Wörtliches Zitieren zentraler Passagen, insbesondere Definitionen, Schülsselaussagen oder besonders prägnanter Formulierungen.
- Paraphrasieren: Zusammenfassen in eigenen Worten, um Inhalte besser zu verinnerlichen und in einen eigenen Denkzusammenhang zu überführen.
Wichtig ist dabei eine aktive Auseinandersetzung mit dem Text. Exzerpieren bedeutet nicht einfaches Abschreiben, sondern setzt ein verstehendes Lesen und kritisches Reflektieren voraus.
Warum lohnt sich Exzerpieren?
In Zeiten digitaler Verfügbarkeit von Texten ist es verlockend, Inhalte einfach zu speichern, auszudrucken oder zu scannen. Doch wie Umberto Eco treffend formulierte:
„Fotokopien sind ein Alibi. Man hat einen Text kopiert, aber nicht wirklich gelesen oder verarbeitet.“
Viele Studierende sammeln PDFs und Kopien, ohne sich wirklich mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Das führt zu einem „Informationskapitalismus“, in dem die Quantität über die Qualität der Auseinandersetzung triumphiert.
Ein sorgfältig erstelltes Exzerpt hat hingegen mehrere Vorteile:
Tieferes Verständnis: Inhalte müssen beim Paraphrasieren aktiv durchdrungen werden.
Zeitersparnis: Ein Exzerpt ermöglicht es, zentrale Aussagen später schnell wiederzufinden.
Kooperative Arbeit: In Arbeitsgruppen lassen sich Texte aufteilen, Exzerpte austauschen und Diskussionen effizienter gestalten.
Vorbereitung auf wissenschaftliches Schreiben: Exzerpte dienen als wertvolle Grundlage für Hausarbeiten, Referate oder Prüfungen.
Schritt-für-Schritt: So erstellen Sie ein Exzerpt
Text überfliegen: Lesen Sie den Text einmal grob durch, um einen ersten Eindruck von Inhalt, Aufbau und Zielrichtung zu erhalten.
Sinnabschnitte erkennen: Gliedern Sie den Text nach logischen Abschnitten. Nutzen Sie äußerliche Strukturen wie Kapitel, Überschriften oder Absätze als Orientierung.
Themen formulieren: Notieren Sie für jeden Abschnitt das zentrale Thema in einem Satz. So entwickeln Sie ein inhaltliches Gerüst.
Wörtliche Zitate auswählen: Notieren Sie wichtige Definitionen, Kernthesen oder zentrale Aussagen im Originalwortlaut. Achten Sie auf genaue Seitenangaben.
Paraphrasieren: Fassen Sie Argumentationen, Beispiele oder Erläuterungen in eigenen Worten zusammen. Verwenden Sie dabei Formulierungen wie:
- „X. definiert den Begriff …“
- „X. bringt … als Beispiel für …“
- „Dafür nennt X. folgenden Grund …“
Kommentare einfügen: Notieren Sie eigene Gedanken, Kritikpunkte oder offene Fragen. Heben Sie diese durch Kursivschrift oder Farbmarkierung hervor.
Struktur zusammenfassen: Verdichten Sie bei umfangreichen Texten die Abschnitts-Zusammenfassungen zu Kapitelzusammenfassungen. So entsteht eine mehrstufige Gliederung.
Quellen dokumentieren: Erfassen Sie bibliographische Angaben vollständig und notieren Sie Seitenzahlen direkt im Exzerpt. So können Sie später problemlos darauf verweisen.
Wie organisiere ich meine Exzerpte?
Ein gutes Exzerptsystem ist langfristig eine enorme Erleichterung für das wissenschaftliche Arbeiten. Es lohnt sich, von Beginn an eine durchdachte Struktur zu wählen.
Analoge Methode:
- Verwendung von Karteikarten (DIN A5) mit beschriftbaren Rändern
- Sortierung nach Themen, Schlagwörtern oder Autoren in Karteikästen
Digitale Methode:
- Anlegen von standardisierten Dokumentenvorlagen in Word, Notion, Obsidian o.ä.
- Nutzung von Tags, Verlinkungen und Kategorien zur schnellen Suche
Literaturverwaltungsprogramme:
- Zotero, Citavi, EndNote etc. bieten Funktionen für Exzerpte, Notizen, Quellennachweise und Verknüpfungen mit Textverarbeitungsprogrammen.
Tipps zur Weiterarbeit
- Lesen Sie aktiv: Stellen Sie Fragen, ziehen Sie Vergleiche, hinterfragen Sie Aussagen.
- Nutzen Sie Farbcodes für verschiedene Elemente (z. B. Blau für Zitate, Grün für Kommentare).
- Tauschen Sie Exzerpte mit Kommiliton:innen, um unterschiedliche Perspektiven zu gewinnen.
- Reflektieren Sie regelmäßig, welche Formen des Exzerpierens für Sie am besten funktionieren.
- Verknüpfen Sie Exzerpte mit Lernkarten oder Mindmaps zur Prüfungsvorbereitung.
Ein durchdachtes Exzerpt ist mehr als eine Zusammenfassung: Es ist ein Werkzeug, um Texte zu verstehen, zu analysieren und kritisch zu hinterfragen. Wer exzerpiert, liest nicht nur, sondern arbeitet mit dem Text – und legt damit den Grundstein für nachhaltiges wissenschaftliches Lernen.