Argumentieren lernen
Juli 15, 2025
Ob im Seminar, in Hausarbeiten oder im Berufsleben – gute Argumentation ist eine Schlüsselkompetenz. Wer überzeugend argumentieren kann, denkt klar, formuliert präzise und nimmt Gegenpositionen ernst. Doch Argumentationskompetenz ist keine Selbstverständlichkeit: Sie muss geübt, reflektiert und bewusst gefördert werden.
Dieser Beitrag zeigt, wie Lehrende und Studierende gemeinsam daran arbeiten können, Argumentieren als Werkzeug des Denkens und der Kommunikation zu verstehen und einzuüben.
Was gehört zur Argumentationskompetenz?
Argumentieren bedeutet mehr als Meinung äußern. Es geht darum, Behauptungen mit Gründen zu stützen, Gegenargumente abzuwägen und die eigene Position nachvollziehbar darzustellen.
Zentrale Teilkompetenzen:
Strukturiertes Denken: Aufbau von Argumenten (These – Begründung – Beispiel)
Sprachliche Präzision: Klarheit, Kohärenz, sachliche Ausdrucksweise
Kritisches Hinterfragen: Argumente prüfen, Schwächen erkennen
Dialogfähigkeit: Eingehen auf andere Perspektiven, sachlich diskutieren
Diese Fähigkeiten sind in Studium, Wissenschaft und demokratischer Gesellschaft essenziell.
Warum ist Argumentieren oft schwer?
Viele Studierende tun sich schwer mit argumentativem Schreiben oder Diskutieren. Gründe können sein:
Fehlende Übung: In Schule oder Studium gibt es wenig Raum für strukturierte Argumentationspraxis.
Verunsicherung: Angst vor Bewertung, Konflikt oder „falschen“ Meinungen.
Wissenslücken: Fehlendes Hintergrundwissen erschwert Begründungen.
Hier braucht es didaktische Impulse, die Argumentation nicht als „richtig oder falsch“, sondern als lernbare Fähigkeit vermitteln.
Didaktische Strategien für die Lehre
Lehrende können Argumentationskompetenz gezielt fördern – auch ohne eigenes Rhetorik-Seminar.
Hilfreiche Formate:
Streitgespräch oder Pro-Contra-Debatte: Zwei Positionen, strukturierte Redezeit, anschließende Reflexion
Argumentationsanalyse: Texte oder Redebeiträge gemeinsam auf Argumentstruktur untersuchen
Peer-Feedback: Studierende geben sich Rückmeldung zu Aufbau, Logik und Stil Argumentkarten oder „Claim–Reason–Evidence“-Methode zur Visualisierung
📌 Tipp: Starten Sie mit niedrigschwelligen Aufgaben („Formulieren Sie eine These mit drei Begründungen“) und steigern Sie das Niveau schrittweise.
Argumentieren im digitalen Raum
Online-Formate bieten neue Möglichkeiten – aber auch Herausforderungen:
Vorteile:
- Zeitversetztes Schreiben fördert Reflexion
- Foren ermöglichen Beteiligung auch schüchterner Studierender
- Digitale Tools (z. B. Miro, Padlet) unterstützen Visualisierung von Argumentstrukturen
Herausforderungen:
- Weniger nonverbale Signale in Diskussionen
- Höhere Anforderungen an Moderation und Regeln
🔎 Empfehlung: Klare Diskussionsregeln, Rollenverteilung (z. B. Moderator*in, Pro, Contra) und bewusste Reflexion im Anschluss.
Argumentationskompetenz selbstständig stärken
Auch außerhalb der Lehrveranstaltung können Studierende an ihrer Argumentationsfähigkeit arbeiten:
Texte analysieren: Gute Essays oder Zeitungsartikel auf Argumente untersuchen
Üben in Alltagsgesprächen: Meinungen begründen, Nachfragen stellen
Schreibübungen: Stellungnahmen zu aktuellen Themen formulieren
Debattierclubs oder Argumentationstrainings nutzen
🎯 Selbstlern-Tipp: Erstellen Sie ein Argumente-Tagebuch – notieren Sie täglich eine Aussage, die Sie gehört haben, und formulieren Sie dazu Pro- und Contra-Argumente.
Fazit
Argumentieren zu lernen heißt, differenziert zu denken, andere ernst zu nehmen und klar zu kommunizieren. Es ist keine angeborene Fähigkeit, sondern ein Handwerk, das trainiert werden kann – im Seminar, in Diskussionen, beim Schreiben und im Alltag.
Lehrende können dazu beitragen, dass Studierende diese Kompetenz als Werkzeug begreifen – für Studium, Beruf und demokratische Teilhabe. Und Studierende selbst können Schritt für Schritt Sicherheit, Klarheit und Überzeugungskraft gewinnen.