Digital forschend lernen
Juli 15, 2025
Forschendes Lernen gehört zu den wirksamsten didaktischen Formaten an Hochschulen. Studierende setzen sich aktiv mit wissenschaftlichen Fragestellungen auseinander, entwickeln eigene Ideen und machen Erfahrungen im Umgang mit Unsicherheit, Kritik und Erkenntnisgewinn. In der digitalen Lehre ergeben sich dabei neue Chancen – aber auch Herausforderungen.
Wie lässt sich forschendes Lernen digital begleiten? Welche Tools, Methoden und Rollen sind hilfreich? Dieser Beitrag gibt Orientierung und konkrete Praxisimpulse.
Was ist forschendes Lernen?
Forschendes Lernen bedeutet, dass Studierende selbst Fragen stellen, recherchieren, analysieren, ausprobieren und reflektieren – ähnlich wie Forschende. Dabei stehen nicht nur Ergebnisse im Mittelpunkt, sondern vor allem der Weg zur Erkenntnis.
Typische Merkmale:
- Eigenverantwortliche Themenwahl oder Schwerpunktsetzung
- Offene, komplexe Fragestellungen ohne „Lösungsblatt“
- Kombination aus Theorie, Methode und Praxis
- Reflexion über Prozess und Ergebnis
Digital unterstütztes forschendes Lernen erweitert diese Möglichkeiten um ortsunabhängige, kollaborative und multimediale Zugänge.
Chancen durch digitale Formate
Digitale Tools und Plattformen können das forschende Lernen in mehreren Dimensionen bereichern:
- Flexibler Zugang zu Quellen, Datenbanken und Archiven
- Kollaboratives Arbeiten in verteilten Teams
- Dokumentation und Visualisierung von Prozessen und Zwischenergebnissen
- Niedrigschwellige Präsentationsmöglichkeiten (z. B. Videos, Websites, Podcasts)
📌 Beispiel: Eine Studierendengruppe entwickelt im digitalen Seminar ein Forschungsposter mit Canva, diskutiert es im Forum und überarbeitet es auf Basis von Peer-Feedback.
Tools und Methoden für die digitale Umsetzung
Für die digitale Umsetzung eignen sich zahlreiche kostenfreie oder hochschulinterne Tools:
Recherche & Quellenarbeit
- Google Scholar, BASE, Open Access-Repositorien
- Zotero oder Citavi zur Literaturverwaltung
Kollaboration & Dokumentation
- Etherpad, Google Docs, Cryptpad für geteilte Texte
- Notion, Trello oder MS Planner für Projektmanagement
Datenerhebung & -auswertung
- Online-Umfragen mit LimeSurvey oder Nextcloud Forms
- Auswertung mit Excel, RStudio oder SPSS (auch online möglich)
Präsentation & Kommunikation
- Canva, Genially oder Adobe Express für Visualisierungen
- Padlet oder Miro für Ideensammlungen
- Videokonferenzen mit Breakout-Räumen für Diskussionen
💡 Tipp: Tools nicht überfrachten – weniger ist oft mehr. Wichtig ist, dass sie funktional und zugänglich sind.
Rolle der Lehrenden im digitalen Raum
Im digitalen forschenden Lernen verändern sich klassische Rollenbilder. Lehrende werden zu Begleiter*innen, die Prozesse strukturieren, Orientierung geben und Feedback ermöglichen.
Wichtige Aufgaben:
Klarer Rahmen: Zeitpläne, Meilensteine, Bewertungskriterien transparent machen
Impulse setzen: z. B. durch Einstiegsfragen, Materialien oder Methodenangebote
Reflexionsräume schaffen: z. B. durch Blogs, Audio-Feedback oder wöchentliche Check-ins
Feedbackkultur etablieren: Peer-Reviews fördern, Fortschritte anerkennen
🎯 Didaktischer Impuls: Starten Sie mit einer Leitfrage: „Was möchten Sie am Ende dieses Projekts wirklich verstanden haben – und warum?“
Herausforderungen und Lösungen
Wie bei jedem digitalen Format gilt es, auch Stolpersteine zu bedenken:
Herausforderung | Lösung |
---|---|
Technische Unsicherheit | Tutorials, Tool-Training, Peer-Unterstützung |
Überforderung durch Selbstorganisation | Gemeinsame Zeitplanung, Projektstrukturvorlagen |
Geringe Beteiligung | Aktivierende Aufgaben, Rollenverteilung im Team |
Mangelnde Rückmeldung | Verbindliche Feedbacktermine, Peer-Reviews fest einplanen |
Digitale Lehre braucht Zeit für Orientierung – und Vertrauen in den Prozess.
Fazit
Forschendes Lernen und digitale Lehre müssen kein Widerspruch sein. Im Gegenteil: Digitale Werkzeuge eröffnen neue Wege, um wissenschaftliches Arbeiten zugänglicher, kreativer und kollaborativer zu gestalten.
Für Lehrende heißt das: Strukturen schaffen, Orientierung bieten, Reflexion ermöglichen. Für Studierende bedeutet es: Fragen stellen, mutig ausprobieren und den eigenen Forschungsweg aktiv gestalten.
Forschendes Lernen lebt vom Denken in Bewegung – auch (und gerade) im digitalen Raum.