Digitale Barrierefreiheit im Studium

Digitale Lehr- und Lernangebote sind aus der heutigen Hochschulbildung nicht mehr wegzudenken. Doch nicht alle Lernenden haben denselben Zugang zu diesen Angeboten. Digitale Barrierefreiheit bedeutet, Lernumgebungen so zu gestalten, dass sie für alle Menschen – unabhängig von körperlichen oder kognitiven Voraussetzungen – nutzbar sind. In diesem Beitrag geht es darum, was digitale Barrierefreiheit konkret bedeutet, warum sie wichtig ist und wie Lehrende sie systematisch umsetzen können.

Was ist digitale Barrierefreiheit?

Digitale Barrierefreiheit beschreibt die Gestaltung digitaler Inhalte, Tools und Plattformen, sodass sie von möglichst vielen Menschen – auch mit Behinderungen – selbstständig genutzt werden können. Sie betrifft z. B.:

  • visuelle Barrieren (z. B. für blinde oder sehbeeinträchtigte Personen),
  • auditive Barrieren (z. B. bei Hörbeeinträchtigung),
  • motorische Barrieren (z. B. eingeschränkte Bedienbarkeit von Maus/Tastatur),
  • kognitive Barrieren (z. B. bei komplexen Texten oder Abläufen).

Ziel ist es, digitale Bildungsangebote inklusiv, zugänglich und benutzerfreundlich zu gestalten.

Rechtlicher Rahmen und Standards

In Deutschland gilt seit 2019 das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) sowie die BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung). Öffentliche Bildungseinrichtungen sind verpflichtet, ihre digitalen Inhalte barrierefrei bereitzustellen. Auf europäischer Ebene gilt die EU-Richtlinie 2016/2102.

Die wichtigsten Standards:

  • WCAG 2.1 (Web Content Accessibility Guidelines) – internationaler Standard für barrierefreie Webinhalte
  • BITV-Test – deutsches Prüfschema für digitale Barrierefreiheit

Diese Standards helfen, die Zugänglichkeit systematisch zu überprüfen und zu verbessern.

Barrieren im digitalen Studium – Beispiele

In digitalen Lernumgebungen begegnen Studierende verschiedenen Barrieren. Die folgende Tabelle zeigt typische Problemfelder und konkrete Beispiele:

Bereich Typische Barriere Beispiel
Video & Audio Kein Untertitel oder Transkript Vorlesungsaufzeichnung ohne Untertitel
PDFs & Skripte Nicht screenreader-kompatibel Eingescannte PDFs als Bilddateien
Navigation & Layout Nicht tastaturbedienbar, unklare Struktur Kein Skip-Link auf Websites
Farben & Kontraste Niedriger Farbkontrast Hellgrauer Text auf weißem Hintergrund
Sprache & Textverständnis Zu komplexe Sprache, lange Schachtelsätze Überfrachtete Modulbeschreibungen

Konkrete Maßnahmen für Lehrende

Lehrpersonen können bereits mit kleinen Änderungen große Wirkung erzielen:

  • Texte strukturieren: mit Zwischenüberschriften, Listen, einfacher Sprache
  • Alt-Texte bei Bildern hinterlegen
  • Videos untertiteln oder Transkripte bereitstellen
  • Barrierefreie PDFs (mit Tags und Lese-Reihenfolge)
  • Test der Website oder Präsentation mit Tastatur oder Screenreader
  • Farben bewusst einsetzen und Kontraste prüfen (z. B. mit Contrast Checker)
  • Lernplattform barrierefrei nutzen (z. B. Moodle-Designs anpassen)

Tipp: Viele Hochschulen bieten Schulungen oder Checklisten zur digitalen Barrierefreiheit an – diese Ressourcen sollten genutzt werden.

Tools & Hilfsmittel

Einige nützliche Werkzeuge für barrierefreies Arbeiten:

  • WAVE Accessibility Tool – Website-Check auf Barrierefreiheit
  • axe DevTools – für Entwickler*innen zur Prüfung von HTML/CSS
  • Adobe Acrobat Pro – zur Erstellung barrierefreier PDFs
  • Contrast Checker – zur Farbprüfung
  • CapCut, YouTube Studio – automatische Untertitel für Videos

Darüber hinaus helfen barrierefreie Lernplattformen (z. B. ILIAS, Moodle mit passenden Plugins), inklusive digitale Räume zu schaffen.

Barrierefreiheit als Teil einer inklusiven Hochschulkultur

Digitale Barrierefreiheit ist nicht nur eine technische Aufgabe, sondern Ausdruck einer wertschätzenden, inklusiven Haltung. Sie unterstützt alle Lernenden – nicht nur Menschen mit Behinderung. Auch Studierende mit temporären Einschränkungen, mit anderer Muttersprache oder mit besonderen Lebensumständen profitieren.

Lehrende tragen Verantwortung für gerechte Zugänge und können durch barrierebewusstes Handeln einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit leisten.

Fazit

Barrierefreiheit in digitalen Lernumgebungen ist keine Zusatzaufgabe, sondern eine Grundvoraussetzung für gleichberechtigte Teilhabe. Mit praxisnahen Maßnahmen, rechtlichem Bewusstsein und einer offenen Haltung lässt sich der Weg zu inklusivem Lehren und Lernen erfolgreich gestalten.

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