Studierende als Co-Designer
Juli 30, 2025
Traditionell galten Studierende vor allem als Rezipienten von Lehrinhalten. Doch mit der Weiterentwicklung didaktischer Konzepte rückt eine neue Perspektive in den Fokus: Studierende als aktive Mitgestaltende – als Co-Designer von Lernprozessen. Diese Beteiligung fördert nicht nur Motivation und Verantwortungsgefühl, sondern ermöglicht auch individuellere und praxisnähere Lernerfahrungen. Der folgende Beitrag beleuchtet Chancen, Modelle und Umsetzungsstrategien für die Hochschullehre.
Was bedeutet „Co-Design“ im Bildungskontext?
Der Begriff „Co-Design“ stammt ursprünglich aus dem Design Thinking und beschreibt kollaborative Gestaltungsprozesse. Im Hochschulkontext meint er die aktive Mitwirkung von Studierenden an der Planung, Durchführung und Reflexion von Lernformaten, Materialien oder Prüfungsformen.
Typische Bereiche:
- Mitentwicklung von Seminarinhalten
- Feedback zu Lehrmethoden und Materialien
- Beteiligung an Evaluation und Weiterentwicklung von Modulen
- Gestaltung digitaler Lernressourcen oder Aufgabenformate
Co-Design bedeutet nicht, dass Lehrende die Kontrolle verlieren, sondern dass sie die Perspektiven der Studierenden systematisch einbinden.
Warum Co-Design? Vorteile für Lehre und Lernen
Die Beteiligung von Studierenden bringt zahlreiche Vorteile:
Höhere Motivation: Wer mitgestalten darf, identifiziert sich stärker mit dem Lernprozess.
Relevanzsicherung: Inhalte werden passender auf Interessen und Bedarfe abgestimmt.
Perspektivenvielfalt: Studierende bringen Ideen ein, die Lehrende allein oft nicht sehen.
Stärkung von Metakompetenzen: Reflexionsfähigkeit, Selbstorganisation, Teamarbeit.
Förderung der Lehrqualität: Co-Design ist eine Form lernzentrierter Qualitätsentwicklung.
Insbesondere in digitalen Settings wird studentisches Feedback zur Mitgestaltung immer wichtiger, da Lernprozesse schwerer beobachtbar sind.
Formen studentischer Mitgestaltung
Co-Design kann auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden. Die folgende Tabelle zeigt typische Beteiligungsformen:
Beteiligungsgrad | Beschreibung | Beispiele |
---|---|---|
Informierend | Lehrende holen Feedback ein | Evaluationen, Umfragen, Mentimeter |
Konsultativ | Studierende beraten bei Entscheidungen | Vorschläge zu Tools, Methoden, Inhalten |
Kooperativ | Gemeinsame Gestaltung von Teilen der Lehre | Co-Entwicklung von Aufgaben, Formaten |
Partnerschaftlich | Studierende übernehmen Verantwortung | Lernteams, Tutorien, studentische Lehrformate |
Diese Skala zeigt, dass Co-Design auf unterschiedlichen Ebenen möglich ist – angepasst an Kontext und Bereitschaft.
Voraussetzungen für gelingendes Co-Design
Damit Co-Design nicht zur Belastung wird, sind klare Rahmenbedingungen wichtig:
Vertrauensvolle Atmosphäre: Partizipation braucht Offenheit und Wertschätzung.
Transparenz: Ziele, Grenzen und Verantwortlichkeiten müssen klar sein.
Moderation: Lehrende begleiten den Prozess methodisch und strukturell.
Zeitliche Ressourcen: Co-Design benötigt ausreichend Raum zur Abstimmung.
Kompetenzaufbau: Studierende benötigen Anleitung zur Reflexion und Gestaltung.
Ein gelungener Start sind moderierte Workshops oder die Einbindung studentischer Vertreter in Planungsprozesse.
Praxisbeispiele aus der Hochschullehre
- Curriculumsentwicklung mit Studierenden an der Universität Oldenburg: In interdisziplinären Teams wurden Module überarbeitet.
- Studentische Lehrveranstaltungen an Fachhochschulen, bei denen Studierende eigene Sessions gestalten.
- Design Thinking-Projekte in Seminaren, bei denen Inhalte und Prüfungen gemeinsam definiert wurden.
Diese Beispiele zeigen: Mitgestaltung ist in fast jedem Fach möglich – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Co-Design im digitalen Raum
Digitale Tools eröffnen neue Möglichkeiten für Co-Design:
- Miro/MURAL für kollaborative Planung
- Nextcloud, Etherpad für gemeinsame Textarbeit
- LMS-Plugins (z. B. Feedback-Funktionen) zur Integration studentischer Rückmeldungen
- Partizipative Videos oder Podcasts von Lernenden erstellt
Wichtig: Auch in digitalen Räumen gelten die Prinzipien der Wertschätzung und Struktur.
Fazit
Studierende als Co-Designer zu sehen, bedeutet mehr als Partizipation – es ist ein Perspektivwechsel in der Hochschuldidaktik. Lehrende, die auf diese Weise arbeiten, stärken nicht nur die Motivation ihrer Studierenden, sondern schaffen Lernräume, die lebendiger, relevanter und inklusiver sind. Der Weg dahin braucht Offenheit, Struktur und Zeit – lohnt sich aber für alle Beteiligten.