Wie man als Lehrkraft digitale Werkzeuge sinnvoll auswählt
April 3, 2025
Digitale Tools sind aus der Hochschullehre nicht mehr wegzudenken. Sie ermöglichen Kollaboration, Feedback, Visualisierung, Organisation – und können Lernprozesse deutlich bereichern. Doch angesichts der Vielzahl an Plattformen, Apps und Anwendungen stellt sich für viele Lehrkräfte die Frage: Wie wähle ich die richtigen Werkzeuge aus? Dieser Beitrag bietet eine praxisnahe Orientierung zur sinnvollen Auswahl und Integration digitaler Tools im Kontext von Online-Lehre und selbstgesteuertem Lernen.
Bedarf klären: Wozu wird das Tool eingesetzt?
Bevor man ein digitales Werkzeug auswählt, sollte man sich über den konkreten Einsatzbereich klar werden. Geht es darum, Inhalte zu vermitteln, Kommunikation zu fördern, gemeinsames Arbeiten zu ermöglichen oder Selbstlernprozesse zu unterstützen?
Einige typische Kategorien:
- Lernorganisation: z. B. Moodle, ILIAS, Microsoft Teams – zur Kursstrukturierung, Aufgabenverwaltung und Bereitstellung von Materialien.
- Kollaboration: z. B. Padlet, Miro, Etherpad – für gemeinsame Ideensammlungen, Brainstorming oder Textarbeit.
- Feedback: z. B. Mentimeter, Kahoot, Feedbackr – um Rückmeldungen niedrigschwellig und anonym zu ermöglichen.
- Reflexion & Notizen: z. B. Notion, OneNote, Trello – für individuelles Wissensmanagement und Selbstorganisation.
- Visualisierung: z. B. Canva, MindMeister, Lucidchart – zur Veranschaulichung von Zusammenhängen, Konzepten oder Prozessen.
Ein klar formulierter didaktischer Zweck hilft, das Tool nicht um seiner selbst willen, sondern zielgerichtet und lerneffektiv einzusetzen. Tools ersetzen keine Didaktik, sondern unterstützen sie.
Kriterien für die Auswahl digitaler Werkzeuge
Die Entscheidung für oder gegen ein Tool sollte sich an pädagogischen und praktischen Kriterien orientieren. Wichtige Aspekte sind:
Usability: Ist das Tool intuitiv und niedrigschwellig nutzbar – auch für Studierende ohne Vorerfahrung? Klare Benutzeroberflächen und selbsterklärende Funktionen erhöhen die Akzeptanz.
Datenschutz: Entspricht es den Datenschutzrichtlinien der Hochschule bzw. der DSGVO? Tools mit Servern in der EU oder Open-Source-Lösungen bieten Vorteile.
Zugänglichkeit: Funktioniert das Tool auf verschiedenen Geräten? Gibt es barrierefreie Optionen für Screenreader, Untertitel, Kontrasteinstellungen?
Flexibilität: Kann das Tool an unterschiedliche Szenarien angepasst werden (synchron/asynchron, mobil/desktop)? Lassen sich Aufgaben variieren oder individuell gestalten?
Lizenzierung: Ist es frei verfügbar oder kostenpflichtig? Gibt es eine Campuslizenz oder datensparsame Alternativen?
Interoperabilität: Lässt sich das Tool in bestehende Systeme wie Learning Management Systeme (LMS) integrieren oder mit anderen Tools verbinden?
Eine einfache Bewertungsmatrix oder Checkliste hilft, Tools strukturiert zu vergleichen – besonders bei Projektarbeit im Team oder in der Institution.
Einführung und Begleitung: Lernende mitnehmen
Auch das beste Tool nützt wenig, wenn die Studierenden nicht wissen, wie sie es sinnvoll verwenden können. Daher sollte die Einführung digitaler Werkzeuge didaktisch begleitet erfolgen:
Klare Anleitungen und Tutorials: Schritt-für-Schritt-Erklärungen als Text, Video oder Präsentation. Möglichst barrierefrei und in verschiedenen Formaten.
Übungsphasen: Zeit und Raum, um Funktionen auszuprobieren, z. B. in „Spielwiesen“ oder sandboxes, bevor sie prüfungsrelevant werden.
Supportmöglichkeiten: Ansprechperson bei Fragen, FAQ-Seite, Peer-Support-Gruppen.
Kommunikation des Nutzens: Warum wird das Tool verwendet? Was bringt es für den Lernprozess? Klare Kommunikation erhöht Akzeptanz und reduziert Unsicherheiten.
Gerade bei selbstgesteuertem Lernen ist Transparenz entscheidend: Wenn Studierende den Mehrwert erkennen, steigt ihre Motivation zur aktiven Nutzung.
Reflexion und Weiterentwicklung
Nach der Einführung lohnt sich eine bewusste Reflexion des Einsatzes:
- Was hat gut funktioniert? Welche Ziele wurden erreicht?
- Was lief nicht rund? Technische Probleme? Zu hohe Einstiegshürde? Fehlende Verbindung zum Lernziel?
- Was würden Lernende ändern? Subjektive Rückmeldungen helfen, blinde Flecken zu erkennen.
Lehrende sollten offen für Anpassungen sein. Nicht jedes Tool passt zu jedem Kurs – und manchmal ist weniger mehr. Tools können testweise eingeführt, angepasst oder durch analoge Alternativen ergänzt werden.
Die regelmäßige Auseinandersetzung mit digitalen Werkzeugen fördert technische und didaktische Weiterentwicklung gleichermaßen. Ein kollegialer Austausch (z. B. in Lehr-Lern-Communities) kann helfen, Erfahrungen zu teilen und voneinander zu lernen.
Fazit
Digitale Werkzeuge bieten vielfältige Chancen – wenn sie bewusst ausgewählt und sinnvoll integriert werden. Eine gute Auswahl beginnt bei der Klärung des Ziels, berücksichtigt pädagogische Kriterien und nimmt Lernende aktiv mit. Reflexion und Offenheit für Weiterentwicklung runden den Einsatz ab. So werden Tools nicht zur Last, sondern zum Motor für gutes, zeitgemäßes Lehren und Lernen.
Digitale Werkzeuge ersetzen keine Didaktik – sie erweitern ihre Möglichkeiten. Entscheidend ist der durchdachte und lernzielorientierte Einsatz. Wer gezielt auswählt, verständlich einführt und kontinuierlich reflektiert, schafft Mehrwert für alle Beteiligten.