Feedbackkultur in der Lehre
April 3, 2025
Feedback ist ein zentrales Element erfolgreicher Lernprozesse. Es hilft Studierenden, ihre Leistungen einzuordnen, sich weiterzuentwickeln und Verantwortung für ihren Lernweg zu übernehmen. In der Hochschullehre wird Feedback jedoch häufig als bloße Verpflichtung gesehen – etwas, das erledigt werden muss. Dabei steckt in gut gestalteter Rückmeldung enormes Potenzial: für Motivation, Qualität und Reflexion. Gerade im selbstgesteuerten Lernen kann eine konstruktive Feedbackkultur entscheidend zum Lernerfolg beitragen. Dieser Beitrag zeigt, was Feedbackkultur bedeutet, warum sie relevant ist und wie sie systematisch aufgebaut werden kann.
Was ist Feedbackkultur?
Feedbackkultur beschreibt den bewussten, respektvollen und regelmäßigen Umgang mit Rückmeldungen im Lehr-Lern-Kontext. Sie geht über das punktuelle Geben von Feedback hinaus und umfasst eine Haltung der Offenheit und Entwicklung. Elemente einer lebendigen Feedbackkultur sind:
Regelmäßigkeit: Rückmeldungen sind in den Lernprozess integriert, nicht nur punktuell.
Dialogorientierung: Feedback ist keine Einbahnstraße – auch Lernende geben Lehrenden Rückmeldung.
Transparenz: Kriterien, Erwartungen und Zwecke des Feedbacks sind klar benannt.
Wertschätzung: Rückmeldungen werden konstruktiv und unterstützend formuliert.
Eine gute Feedbackkultur schafft Vertrauen und ermöglicht, dass Lernende und Lehrende gemeinsam Verantwortung für das Lernen übernehmen. Sie fördert Selbstreflexion, Selbstwirksamkeit und eine Kultur des kontinuierlichen Lernens.
Warum ist Feedback gerade im selbstgesteuerten Lernen wichtig?
Selbstgesteuertes Lernen verlangt von Studierenden ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Dabei ist es nicht immer einfach, die eigene Leistung objektiv einzuschätzen oder passende Entwicklungsschritte zu planen. Feedback unterstützt hier auf mehreren Ebenen:
Orientierung: Es zeigt auf, wo Lernende im Prozess stehen, und gibt Hinweise zur weiteren Entwicklung.
Motivation: Wertschätzendes Feedback kann Selbstvertrauen stärken und zum Weitermachen motivieren.
Reflexion: Rückmeldungen regen dazu an, über das eigene Lernen nachzudenken.
Besonders in Online-Formaten, in denen spontane Rückmeldungen oft fehlen, braucht es bewusst gestaltete Feedbackprozesse. Diese schaffen Verbindlichkeit, Struktur und ermöglichen sozialen Austausch – auch im virtuellen Raum.
Formate und Methoden: Wie kann Feedback aussehen?
Feedback muss nicht immer schriftlich und ausführlich sein. Unterschiedliche Formate bieten sich an – je nach Lernziel, Gruppe und Setting:
- Peer-Feedback: Lernende geben sich gegenseitig Rückmeldung, etwa zu Texten, Präsentationen oder Projektideen. Leitfragen und Feedbackbögen erleichtern den Einstieg.
- Selbstreflexion: Lerntagebücher oder Reflexionsfragen am Ende von Aufgaben fördern Selbstbewertung.
- Mündliches Feedback: In Einzel- oder Gruppengesprächen, z. B. in Online-Breakout-Räumen oder Sprechstunden.
- Schriftliches Feedback: Kommentare zu Aufgaben, Texten oder Prüfungen mit konkreten Verbesserungsvorschlägen.
- Digitales Feedback: Tools wie Mentimeter, Feedbackr, Etherpad oder LMS-Funktionen ermöglichen schnelle, niedrigschwellige Rückmeldungen.
- Automatisiertes Feedback: Interaktive Quizzes oder Lernmodule mit sofortiger Rückmeldung stärken das selbständige Lernen.
Entscheidend ist die Passung zum Lehrziel und der Aufwand. Feedback sollte zeitnah, konkret, umsetzbar und differenziert sein.
Wie kann eine Feedbackkultur aufgebaut werden?
Eine nachhaltige Feedbackkultur entsteht nicht zufällig – sie muss bewusst gestaltet werden. Dabei spielen folgende Faktoren eine zentrale Rolle:
Strukturelle Verankerung: Feedbackphasen werden in die Kursplanung eingebaut – z. B. nach Projekten, in der Mitte des Semesters oder regelmäßig in Wochenaufgaben.
Transparente Kommunikation: Lehrende erklären, wie Feedback funktioniert, wozu es dient und was mit Rückmeldungen geschieht.
Kompetenzentwicklung: Studierende werden im Geben und Annehmen von Feedback geschult – etwa durch Beispiele, Übungen oder Feedbackregeln.
Raum für Fehler: Eine konstruktive Haltung gegenüber Fehlern als Lernchance ist zentral. Nur wer sich sicher fühlt, kann offen mit Rückmeldungen umgehen.
Feedback an Lehrende: Auch Studierende sollten eingeladen werden, Rückmeldungen zur Lehrgestaltung zu geben – etwa anonym oder im Rahmen von Zwischenbefragungen.
Eine langfristige Feedbackkultur fördert nicht nur das individuelle Lernen, sondern auch die Weiterentwicklung von Lehrangeboten. Sie macht Qualität zum gemeinsamen Anliegen aller Beteiligten.
Fazit
Feedback ist weit mehr als ein didaktisches Instrument – es ist Teil einer lernförderlichen Haltung. Eine gelebte Feedbackkultur stärkt Dialog, Eigenverantwortung und Motivation. Sie fördert selbstgesteuertes Lernen, indem sie Orientierung bietet, Reflexion anregt und Entwicklung sichtbar macht. Gerade in der digitalen Lehre braucht es gezielte Formate, Räume und Methoden, um Feedback als festen Bestandteil des Lernens zu etablieren – nicht als Pflicht, sondern als echte Chance.