Lernreise gestalten

Lernen ist keine lineare Abfolge von Informationen – sondern ein persönlicher, dynamischer Prozess. Das Lernreise-Konzept versteht Lernen als individuelle Entwicklung, bei der Lernende ihre Ziele selbst formulieren, ihren Weg gestalten und regelmäßig reflektieren. Besonders im Kontext selbstgesteuerten Lernens gewinnt dieser Ansatz an Bedeutung – sowohl im Studium als auch in der Hochschullehre.

Doch wie funktioniert eine Lernreise in der Praxis? Welche Rollen spielen Lehrende und Studierende? Und wie lassen sich Reflexion, Motivation und Struktur sinnvoll verbinden?

Was bedeutet „Lernreise“?

Das Lernreise-Konzept versteht Lernen als Weg mit Stationen, Umwegen, Herausforderungen und Erkenntnissen – ähnlich einer echten Reise. Es ist ein Gegenentwurf zu rein prüfungsorientierten Lehrformaten.

Zentrale Merkmale:

Eigenverantwortung: Lernende entscheiden, was, wie und in welchem Tempo sie lernen.

Zielorientierung: Lernen folgt einem selbst definierten Ziel oder Lerninteresse.

Reflexion: Regelmäßige Rückschau auf Fortschritt, Hindernisse und Lernerfahrungen.

Begleitung statt Belehrung: Lehrende fungieren als „Reisebegleiter*innen“.

Die Lernreise schafft Raum für Individualität und Tiefe – unabhängig vom Fach.

Warum Lernreisen in der Hochschule wichtig sind

In der Hochschullehre ist oft wenig Platz für individuelle Lernwege. Dabei zeigt sich: Eigenständigkeit, Selbstreflexion und Selbstorganisation sind zentrale Schlüsselkompetenzen – nicht nur im Studium, sondern auch im Beruf.

Vorteile des Lernreise-Ansatzes:

  • Fördert intrinsische Motivation und langfristiges Lernen
  • Erlaubt individuelles Tempo und flexible Pfade
  • Macht Lernprozesse sichtbar und reflektierbar
  • Stärkt Selbstwirksamkeit und persönliche Zielorientierung

Gerade in Projekten, Schreibphasen oder forschungsorientierten Formaten kann die Lernreise viel bewirken.

So funktioniert das Lernreise-Konzept in der Praxis

Die Lernreise lässt sich in fünf typische Phasen gliedern:

Startpunkt klären: Wo stehe ich gerade? Was bringe ich mit? (Vorkenntnisse, Interessen)

Lernziel definieren: Was will ich wirklich lernen oder erreichen? (z. B. eine Fähigkeit, ein Projekt, ein neues Verständnis)

Weg skizzieren: Welche Schritte sind nötig? Welche Ressourcen brauche ich? (Methoden, Zeit, Begleitung)

Unterwegs reflektieren: Was läuft gut? Wo hakt es? (ggf. Kursanpassung)

Ankommen – und weiterdenken: Was habe ich gelernt? Was bleibt offen?

📒 Hilfsmittel: Lernjournale, digitale Portfolios, Audio-Logs oder Check-ins in der Gruppe können Reflexion sichtbar machen.

Rolle der Lehrenden: Begleiten, nicht steuern

Lehrende nehmen im Lernreise-Konzept nicht die Rolle von Vortragenden ein, sondern von Wegbegleiter*innen. Sie unterstützen durch:

Raumgestaltung: Zeit, Formate und Material für individuelle Entwicklung bereitstellen

Fragen statt Antworten: Neugier wecken und zum Weiterdenken anregen

Feedback statt Kontrolle: Prozessbegleitende Rückmeldungen geben, nicht nur bewerten

Vertrauen schaffen: Fehler zulassen, Offenheit fördern, Dialog ermöglichen

🔎 Tipp: Wöchentliche Reflexionsimpulse, gemeinsame Meilensteingespräche oder Peer-Coaching fördern Eigenverantwortung.

Herausforderungen und Lösungen

Selbstgesteuertes Lernen ist anspruchsvoll – sowohl für Lernende als auch für Lehrende.

Herausforderungen und Lösungen

Herausforderung Lösung
Unklare Ziele Zielklärung durch Leitfragen oder Coaching
Motivationsprobleme Zwischenziele definieren, Erfolge sichtbar machen
Strukturmangel Zeitpläne, Lernjournale, Feedbackrhythmus etablieren
Unsicherheit Orientierung durch Beispiele, Austausch in Gruppen

Wichtig ist, das Lernen als Weg und nicht als Test zu verstehen – mit Platz für Umwege, Korrekturen und Wachstum.

Fazit

Das Lernreise-Konzept lädt dazu ein, Lernen als persönlichen Entwicklungsweg zu begreifen – nicht als Aneignung von Stoff für Prüfungen. Es stärkt Selbstverantwortung, Reflexionsfähigkeit und Motivation.

Für Lehrende bedeutet das: mehr begleiten als erklären. Für Studierende heißt es: aktiv werden, bewusst steuern und Erfahrungen sammeln.

Eine Lernreise endet nie am Ziel – sie beginnt dort erst neu.

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